Archiv der Kategorie: Israel/Palestine

Das Heilige Land

Ich frage mich oft, warum dieser Ort das Heilige Land genannt wird. Es gibt viele Attribute um es zu beschreiben – faszinierend, verwirrend, gewaltsam, brutal, stürmisch, kriesengeschüttelt, usw. Aber heilig? Nein, heilig ist nicht das erste Wort, das mir in den Sinn kommt, wenn ich durch einen Metalldetektor gehe, meine Taschen von Sicherheitsbeamten durchsucht werden und ich meinen Pass vorweisen muss um auf den Tempelberg in Jerusalem zu gelangen – anscheinend einer der heiligsten Orte der Welt. Oder wenn ich im Bus neben einem 18-jährigen, voll bewaffneten Soldaten sitze, der Angry Bird auf seinem Smartphone spielt. Oder wenn ich die furchtbaren Bilder vom Krieg in Gaza sehe. Trotzdem, Millionen von Menschen die hier leben und sich gegenseitig für das eigene Leid verantwortlich machen, scheinen sich einig darin zu sein, dass dieser Ort heilig ist. Wie kann das möglich sein? Das Heilige Land weiterlesen

Mohammed’s Vater

Eine Gruppe von Kindern, die eben noch Lieder und Nachrichten für Kinder in Gaza vorgetragen haben, verlassen laut und gut gelaunt den Garten eines Hauses in Shu’afat, einem Vorort von Ostjerusalem. Zurück bleiben ein paar Männer, die sich leise unterhalten. Ich genieße die Stille des Moments. Ich sehe mich um und mein Blick kreuzt sich mit dem eines Mannes, der alleine etwas abseits der Gruppe sitzt. Seine Augen strahlen eine angenehme Ruhe aus, doch gleichzeitig wirkt er sehr traurig. Man sagt, die Augen seien die Fenster zur Seele. „Wenn dem so ist, dann muss die Seele dieses Mannes verletzt sein,“ denke ich mir. Mohammed’s Vater weiterlesen

Wer Wind sät wird Sturm ernten (Hosea 8:7)

Mohammad Abu Khdeir (16) ist tot.
Mustafa Hosni Aslan (22) ist tot.
Mahmoud Jihad Muhammed Dudeen (14) ist tot.
Naftali Fraenkel (16) ist tot.
Ahmad Said Suod Khalid (27) ist tot.
Ahmad Sabarin (20) ist tot.
Gilad Shaar (16) ist tot.
Mahmoud Ismail Atallah Tarifi (30) ist tot.
Eyal Yifrah (19) ist tot. Wer Wind sät wird Sturm ernten (Hosea 8:7) weiterlesen

Die mutmassliche Entführung*

Während ich diesen Beitrag schreibe – an einem milden Sommerabend am Balkon sitzend – höre ich Explosionen nicht unweit von hier. Ich sehe zwei Überwachungsdrohnen über Hebron kreisen – blinkende Punkte, die ein dumpfes Geräusch von sich geben. Beobachtungsballons schweben am Rande der Stadt in der Luft. Und trotzdem wirkt die Nacht ungewohnt ruhig, irgendwie sogar friedlich… Die mutmassliche Entführung* weiterlesen

Die Teufeljagd

Der Nikolaus und die Krampusse, so wie ich sie in Erinnerung habe.
Der Nikolaus und die Krampusse, so wie ich sie in Erinnerung habe.
Am 6. Dezember feiern wir zuhause den Heiligen St. Nikolaus. An diesem Tag besucht er Kinder und liest aus seinem Buch vor, was die Kleinen im letzten Jahr so getrieben haben. Waren sie brav, bekommen sie ein Geschenk. Waren sie nicht artig, tritt der Krampus in Erscheinung – eine Teufel-ähnliche Kreatur, die den Nikolaus begleitet – und bestraft die Kinder. Die Teufeljagd weiterlesen

Das Schweigen Brechen

„Es ist ein Ort [Hebron] in dem das Leben für viele Soldaten… sie alle spüren, dass sie etwas Falsches tun… lass es mich so sagen. Sie können es alle aufzeigen und einordnen. Ich kann mit Sicherheit sagen, dass es unglaublich ist, welche Macht man dort ausüben kann. Weil man bewaffnet durch einen Ort zieht, in dem einen viele Menschen hassen. Weil man in ihre Häuser eindringt. Es ist eine allgegenwärtige Provokation. Man dringt in ein Haus ein, einfach so, und schmeißt die Leute raus.“* Diese Worte stammen von einem ehemaligen IDF (Israel Defense Forces) Soldaten, der sich dazu entschlossen hat, offen über seine Erfahrungen in der Israelischen Armee zu sprechen. Das Schweigen Brechen weiterlesen

Angst und Wut

In den letzten Wochen habe ich unterschiedliche Menschen in Israel und den besetzten palästinensischen Gebieten getroffen und einige persönliche Geschichten gehört. Viele der Dinge die ich hier sehe und höre, kann ich mit meinem Verstand nicht wirklich fassen. Was motiviert die Menschen zu ihrem Handeln, wie kommen sie zu ihren Überzeugungen? Sind es „böse Absichten“, Unwissenheit, Ignoranz… oder steckt da noch etwas anderes dahinter?
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Das Fahrrad

So wie jeden Tag in Hebron, verbringe ich auch diesen sonnigen Dienstag Mittag damit, den Schulweg der Kinder in der Shuhada Straße zu beobachten. Ich stehe am Checkpoint 55, genau am Fuße des Stiegenaufgangs zur Cordoba Schule. Dieser Checkpoint besteht aus keiner physischen Barriere, aber ein Soldat dort stellt sicher, dass keines der Kinder die Shohada Straße entlang weitergeht – denn dieser Teil der Straße ist für Palästinenser gesperrt – sondern nach links abbiegt und die Stufen hoch zur Schule steigt. Genau neben dem Stiegenaufgang befindet sich ein kleiner Platz, der von den israelischen Siedlern als Park- oder Abstellplatz für verschiedene Dinge genutzt wird. Das Fahrrad weiterlesen

Die Kinder von Hebron

Abraham, der Stammvater dreier Weltreligionen – Islam, Judentum und Christentum – liegt laut biblischer Überlieferung in Hebron begraben. Von seinem Sohn Ismael soll der Prophet Mohammed abstammen; sein andere Sohn Isaak zählt zu den Erzvätern Israels. Aus diesem Grund gilt Hebron zu den heiligsten Städten, sowohl für Moslems als auch für Juden und Christen. Von dieser Heiligkeit ist heute nicht mehr viel zu spüren… Die Kinder von Hebron weiterlesen

Erste Eindrücke

Welcome to Israel, murmelt die Dame an der Passkontrolle, stellt mir ein paar allgemeine Fragen über die Absichten meines Aufenthalts im Land und stempelt ein Visum in meinen Pass. Nachdem ich mich mental schon auf eine mehrstündige Befragung am Flughafen in Tel Aviv vorbereitet habe – wie es des Öfteren vorkommt bei Personen, die an Friedensprogrammen teilnehmen – bin ich doch etwas erstaunt darüber, dass das ganze Prozedere gerade einmal 5 Minuten dauert. Erste Eindrücke weiterlesen